Puerto Viejo: Gutes Karma, schlechtes Karma

Da die unsere Unterkunft Exotica Lodge für die vollständige Genesung von Ankes Fuß optimale Bedingungen bietet, sind wir noch immer in Puerto Viejo. Direkt gegenüber ist der Imbiss unseres Vertrauens, nebenan der Bäcker, der Kühlschrank hat ein funktionierendes Eisfach und die Klimaanlage mag eingefleischten Backpackern nach Luxus klingen, ist aber in diesem Klima und bei eingeschränktem Aktionsradius fast unverzichtbar. Wir haben für 45 US$ schon bedeuntend schlechter gewohnt. Leider fallen dadurch allerdings einige Ziele in Panama ins Wasser, wie z. B. die San Blas Inseln, auf die wir uns schon Monate lang gefreut haben. Wir werden darüber hinwegkommen und dafür die vielen, restlichen Abenteuer hoffentlich ohne Einschränkungen angehen können. 🙂

Gestern haben wir mit Karsten, einem ausgewanderten Deutschen, eine spannende Nachtwanderung durch den Dschungel unternommen und dabei viele Tiere entdeckt. Eine Wasserschlange, Insekten, Echsen und unterschiedliche Frösche. Den berühmten Rotaugenfrosch haben wir sogar ganz kurz in die Hand nehmen dürfen, bevor wir ihn behutsam zurück auf sein Blatt setzten. Karsten ist ein waschechter Naturfreak und hat uns viel erklärt, soo z. B. dass die hart schuftenden Blattschlalameisen die geschleppten Blätter in ihrem Bau nicht etwa fressen, sondern damit einen Pilz kultivieren, der ihnen anschließend als Nahrung dient. Große Gärtner also, die kleinen Racker.

Ansonsten nervt Manches: Das gepackte Paket, das wir nach Hause schicken wollten, sollte sage und schreibe umgerechnet 178 Euro Porto kosten. Das war dann doch zu happig. Der Bus fährt gefühlt ständig, es sei denn, wir warten auf ihn. Leihfahrräder gibt es reichlich – nur nicht für Kinder. Und die anderen sind leider oft in einem so erbärmlichen Zustand, dass ich nicht bereit bin, einem windig aussehenden Typen als Sicherheit Pass UND Kreditkarte über den provisorisch zusammengenagelten Tresen zu schieben. Als ob ich die Rostmühle nach Europa im Handgepäck mitnehmen würde, denn schicken, das haben wir ja nun gelernt, würde sich nun wahrlich nicht lohnen.

Heute hat es nun endlich mit einer Fahhradleihe geklappt und ich bin damit in den Nationalpark nach Manzanillo gefahren um ein wenig den Dschungel zu erkunden. Tolle einsame Buchten und das satte Grün stimmten mich wieder versöhnlich.

Costa Rica in grün, Fuß in blau

Es dauert nicht lange, bis wir im Bus von San Jose in den Südosten des Landes durch üppige, wilde Vegetation schaukeln. Damit unterscheidet sich die vorbeiziehende Landschaft deutlich von den eher tristen, staubigen Gegenden des Nordwestens und die feuchtwarme Luft, die uns bei Ankunft in Cahuita entgegenschlägt, öffnet in Sekundenschnelle alle Poren bis die T-Shirts nichts mehr aufnehmen können. Sie werden trotz der Hitze wegen der hohen Luftfeuchtigkeit schlecht trocknen und wie alles andere fühlt sich auch die Bettwäsche in unserem unklimatisierten Zimmer (Hostel Shangrila, 13 US$) klamm an.

Nichts scheint dieser Witterung dauerhaft gewachsen und die besseren Tage, die Armaturen, Möbel und Gebäudesubstanz schon gesehen haben dürften, liegen vermutlich nicht so weit in der Vergangenheit, wie der Zustand dies auf den ersten Blick vermittelt. Aber ok, für den Preis ist darüber hinwegzusehen.

Cahuita ist ein gemächliches Dorf, in dem sich mehr und weniger improvisierte Bars und zusammengezimmerte, günstige Imbissrestaurants aneinanderreihen. Auf dem kleinen Platz im Zentrum treffen sich täglich Rastafaries unterschiedlichen Alters und Zustands, rauchen eine eindeutig tabakfreie Friedenspfeife und manchmal werden mit rauhen Stimmen die üblichen Reggae-Hymnen angestimmt.

Statt zu singen gehen wir lieber gemeinsam mit Marianne und Eddie aus Dresden in den nahegelegenen Nationalpark und beobachten Kapuzineräffchen und ein Faultier. Eddie ist, wie Felipe, sechs Jahre alt, interessiert sich für Autos und ausgelassenen Blödsinn, so dass sich beide schnell anfreunden und die gemeinsame Zeit ausgiebig nutzen. Felipes Bedürfnis nach der Gesellschaft von Kindern im Allgemeinen und seinen Freunden Till und Fabian im Besonderen, sowie die Sehnsucht nach Omas, Opas und den vielen anderen ihm nahestehenden Personen ist nicht zu übersehen, so dass es zumindest und auch aus dieser Sicht höchste Zeit für die baldige Heimkehr wird. Noch 58 Tage sind es, bis unser letzter Flug Richtung Heimat abhebt.

Wir sind erst mal weiter ins nur 30 Minuten entfernt liegende Puerto Viejo gereist. Im Vergleich zu Cahuita ist hier richtig was los und diesmal sollte es für die geplanten zwei bis drei Tage ein Zimmer mit Klimaanlage sein (Exotica Lodge, 45 US$), bevor wir morgen nach Bocas del Toro in Panama aufbrechen wollten. Daraus wird nun leider nichts, denn nach einem Missgeschick mit einem Quadrocyle (ein vierrädriges Fahrrad, wie man es auch in Deutschland manchmal bei Ausflugszielen zum Ausleihen findet) ist Ankes Fuß deutlich angeschwollen und an ambitionierte Reiseaktivitäten nicht zu denken. Bis wenigstens Sonntag werden wir ihn nun bei viel Ruhe kühlen und pflegen um dann hoffentlich schmerzfrei die letzten knapp acht Wochen in Angriff zu nehmen, in denen noch einige Highlights auf uns warten sollten. Zum Glück ist es nichts Ernstes und bis zum Flug ab Panama sind es noch einige Tage.

Kein Grund zur Sorge, sagte der Doc. Wirklich!

Kolonialer Charme, rauchende Schlote und Platz Nr. 44

Die Tage verfliegen während wir am Playa de Maderas surfen, einen Ausflug auf die Vulkaninsel Ometepe  unternehmen oder einfach faulenzten. Der Spuk von Semana Santa war noch schneller vorbei, als er begonnen hatte und San Juan del Sur verwandelte sich innerhalb weniger Stunden wieder in das kleine liebenswerte Städtchen, in dem wir vor zwei Wochen landeten. Die Stimmung nach der großen Sause erinnert ein wenig an Neujahrstage: Alles scheint durchzuatmen. Erschöpfte Stille liegt über den Straßen, viele Geschäfte bleiben geschlossen, die Gassen wirken zeitweise menschenleer, als wäre es nie anders gewesen. Sogar die Familien, die einschließlich ihres jüngsten, geschätzt fünfjährigen Kindes während der letzten Tagen auf dem Gehsteig gegenüber schliefen um tagsüber Sonnenbrillen, Wasserspielzeug und kleine Blumen aus gefalteten Palmenblättern zu verkaufen, sind weitergezogen.

Noch gestern konnten wir aus Not geborene ‚Kaltschnäutzigkeit‘ beobachten, als die Kleine durch ein Restaurant marschierte und zwei Gäste um einige Nachos bat, während sie gespielt ungeschickt ihre Finger schon im Teller hatte. Die zwei ließen sich selbstverständlich eine neue Portion bringen und es war rührend zu sehen, dass sie anstatt eines großen Aufstands zu machen, nicht nur die Reste einpacken ließen, sondern darüber hinaus die Kleine und ihren wenige Meter entfernt stehenden, kaum älteren Bruder zum Essen an ihren Tisch einluden. Es dauerte eine Weile, bis aus sichtbarem Hungerstillen beim Dessert ein wenig Genuss wurde.

Einen Tag später wird es auch für uns Zeit, weiterzuziehen und so brechen wir mit dem „Chicken Bus“ nach Granada auf. Das ist zwar nicht unbedingt bequem, aber unschlagbar günstig und es gilt ja auch nur ca. 100 km zu bezwingen. Direkt an der Hauptstraße dann Umstieg in den Überlandbus, der uns bis zur Stadtgrenze bringt und nach einer weiteren Etappe im kleinen Regiobus erreichen wir den Parque Central, das Herz der geschichtsträchtigen Kolonialstadt Mittelamerikas. Die Kathedrale grüßt uns und im Backyard Hostel kommen wir günstig, aber für Anke etwas zu simpel, unter, so dass wir am nächsten Tag ins Hotel Oasis wechseln und fast das Doppelte für unser Zimmer über den Tresen schieben müssen. Angesichts der hohen Temperaturen sind wir glücklich, dass in beiden ein erfrischender Pool lockt.

Nicaragua ist nach Haiti das zweitärmste Land Lateinamerikas und das ist auch deutlich zu sehen. Zwar fahren über die immerhin asphaltierten Straßen auch reichlich Autos, aber noch immer zählen auch Pferde-, Ochsen- oder Handkarren zum alltäglichen Straßenbild. Übergroße Freundlichkeit kann den Einwohnern auch hier nicht nachgesagt werden. Antworten fallen selbst in Hotels oft knapp aus und ein beiläufiges Lächeln oder dessen Erwiderung fällt vielen schwer. Vielleicht wird dies auf der Straße allzu oft als Einladung zu unerfreulicher Ansprache fehlinterpretiert, denn diese kommen oft recht schnell zur „Sache“, oder es gibt einfach zu viele Sorgen und zu wenig Gründe, etwas Frohsinn in die Umgebung abzustrahlen. Also wird fröhlich ignoriert und mienen- sowie teilnahmslos auf Handys gestarrt.

Die Stadt ist mit ihren bunten Gassen und Kunstgalerien ganz hübsch, aber nicht wirklich umwerfend. Auch das Essen ist eher etwas „grobschlächtig“ und besteht in unterschiedlicher Zubereitung und Variation aus den Grundsubstanzen Maismehl, Hühnchen, Bohnen und Reis.

Lohnenswert ist unser Ausflug auf den Vulkan Masaya. Zwar gehört er höhenmäßig im „Feuerring von Nicaragua“ zu den kleineren Vulkanen, dafür ist er einer der momentan aktivsten. An seinem Kraterrand zu stehen und dem dichten, aufsteigenden und nach Schwefel riechenden Rauch hinterherzuschauen, war für alle sehr eindrucksvoll und lässt die Kräfte erahnen, die dort am und im Boden schlummern und zum letzten Mal vor 240 Jahren in einem Ausbruch zu Tage traten.

Noch in San Juan del Sur werden wir auch erstmalig Zeuge eines deutlich zu spürenden, aber als harmlos empfundenen Erdbebens, das jedoch in der Nähe seines Epizentrums ca. 50 km von der Hauptstadt Managua einige Schäden verursacht. Die Behörden sind seitdem etwas beunruhigt, da einige umliegenden Vulkane, besonders der Momotombo seitdem eine deutlich erhöhte Aktivität aufweisen.

Nach nunmehr drei Tagen und bereits weit über der Halbzeit unseres Aufenthalts in Zentralamerika liegend, entschließen wir uns zur Rückkehr nach San Jose, Costa Rica, um uns von dort aus der karibischen Seite und damit auch langsam Richtung Panama zuzuwenden.

Nachdem Felipe in der Nacht mit einem nervösen Magen zu kämpfen hat, grenzt es an ein Wunder, dass die achtstündige Fahrt direkt neben der stinkenden Boardtoilette ohne unappetitliche Zwischenfälle verläuft. Wir sind damit wieder am Ausgangspunkt und gespannt, ob die Karibik aussieht, wie sie sich anhört. 🙂

Tamarindo – Surfen am Pazifik

Mit dem FT’s Guesthouse („Frutas Tropicales“, 40 US$ pro Nacht) haben wir einen echten Glücksgriff gemacht: Bei 40 Grad im Schatten ist eine Klimaanlage eine Super-Erfindung, die Quesadillas con Pollo (Käse in Teigtaschen mit Hühnchen) und das Steak Tropical waren Feste für Gaumen und Seele und Felipe fand in Warner, dem fünfjährigen Sohn der Betreiber Ally und Jay, einen tollen Spielkameraden.

Direkt über die Straße war der Strand, an dem neben stetigen, anfängerfreundlich heranrollenden Wellen auch die Ikone und Hauptdarsteller des Surf-Ur-Kultstreifens „Endless Summer“, Robert Augustus seinen wahrgewordenen Surfhostel-Traum Realität hat werden lassen. Wir Männer haben erfolgreich einige Wellen erjagt und hatten stundenlang Spaß im erfrischend kühlen Nass, das die Hitze erträglich werden ließ.

Ansonsten sind angesichts der hohen Preise Aktivitäten nicht drin. So sollte beispielsweise ein Ausflug zu den Neststränden der Leatherback-Schildkröten inklusive Transer saftige 107 US$ kosten. Die Frage nach der „Flugdauer“ konnte ich mir nur mit großer Mühe verkneifen. 😉 Ssssorrry, dann verschieben wir das auf Nicaragua, wo mit günstigeren Preisen zu rechnen ist.

Schon morgen geht’s los um etwas Vorsprung vor dem Massenansturm zu haben, den beide Länder für die Osterwoche erwarten, denn da soll es hinsichtlich
Unterkunft schwer … und natürlich teuer werden. Die im Internet recherchierten Preise lassen nichts Gutes ahnen und so hoffen wir auf unser Glück vor Ort, in unserem nächsten Ziel, San Juan del Sur.

Costa Ricas wenig reizvolle Hauptstadt

Der Flug von San Francisco mit Zwischenlandung in Fort Lauderdale, Florida, in die Hauptstadt San Jose war zwar lang, verlief aber angenehm und reibungslos, wenn auch wegen fehlender Crew mit etwas Verspätung. Die uns vorher unbekannte Airline jeblue bot erstaunlich viel Beinfreiheit, verglichen mit den Billigcarriern in Asien oder Australien, der Flug lag allerdings auch – wie in Mittel- und Südamerika üblich – eine Preiskategorie höher.

Ankunft bei molligen, aber trockenen 27 Grad. Herrlich. Wie rasant Regenwetter und 9 Grad (San Francisco) an Charme verlieren, selbst wenn man lange davon verschont war. Bereits jetzt stellt sich die bange Frage, wie wir einen heimischen November überstehen wollen.

Die Schilderungen des Reiseführers hinsichtlich eines latenten Mangels an Charme bewahrheiteten sich und so sind nicht gerade viele Bilder auf unserem Streifzug durch das Zentrum der Metropole entstanden. Die Stadt hässlich zu nennen wäre nicht wirklich fair: die Musik, einige kleine Bars und rührige Ticas und Ticos, wie die Einheimischen sich hier selbst nennen, strahlen schon eine gewisse Lebendigkeit aus. Vielmehr fehlt ihr wohl etwas Besonderes. Es gibt keine wirklich herausragende Kirche, kein einmaliges Bauwerk und die Museen bekommen durchweg schlechte Kritiken, so dass wir diese gleich ignoriert haben. Stattdessen sind wir Männer zum Friseur gegangen, wo uns passend zur Stadt, recht lieblose Haarschnitte verpasst wurden. Gern würde auch ich sagen: „Wächst ja wieder“, aber es gibt da erste „Problemzonen“, wo etwas Daumendrücken nicht schaden kann.

Beliebigkeit trifft es als Beschreibung vielleicht am besten. Wirklich auffällig sind, es sei verziehen und wurde geschlechter- und generationenübergreifend bemerkt, die mit besonders üppiger „Weiblichkeit“ ausgestatteten Schaufensterpuppen, die wir so noch nirgends gesehen haben. Auch in natura zeigt man und Frau sich recht gern etwas großzügiger und selbstbewusst, egal ob gertenschlank oder Kompaktvariante mit diversen Extras.

Unsere Bleibe, das Costa Rica Guesthouse, verfügte über große Zimmer, deren Fenster allerdings direkt in Richtung eines recht früh beginnenden, im 10-Minutentakt verkehrenden und dabei dauerhaft laut hupenden Zug zeigten. Idyllisch ist anders, aber wir waren müde.

Nach zwei Nächten war es dann auch genug, und so brachte uns eine laaange Busfahrt ins Touristenmekka Tamarindo an der Pazifikküste, wo wir uns am Meer bei Reggae, Surfkultur und eiskalten Fruchtshakes nach dem dichten Zeitplan unseres USA-Roadtrips wieder etwas treiben lassen und Ruhe finden wollen.

Es ist jetzt 23:30 Uhr und im Club nebenan steppt zu Ich-bin-gut-drauf-Latino-Mucke der Bär. So viel dazu also.