Magisches Machu Picchu

Staunend steht man da, und kann sein Glück nicht fassen. Machu Picchu gehört zu den Orten, an denen es sich anfühlt, als verliere man kurz den Boden unter den Füßen vor lauter umgebender Schönheit und Gewaltigkeit. Gern würde man einen kurzen Jubelschrei in die Berge senden in dem festen Glauben, dass es bis Europa zu hören wäre: „Leute kommt her, das müsst ihr gesehen haben.“

Machu Picchu

Und das, obwohl uns nach 10 Monaten Reisen eigentlich nichts mehr so schnell aus den Socken haut. Schon die Anfahrt mit dem Zug durch das enge Tal lässt erahnen, was da auf einen zukommt, besonders wenn es so in Sonne getaucht wird, wie wir es erleben durften.

Noch ein kurzes Stück mit dem Bus und der Eingang eines der sieben Weltwunder ist erreicht. Dieses ist so entlegen, dass es die Spanier nie fanden und diesem Umstand ist es zu verdanken, dass diese Stadt noch so erhalten ist, wie die Inkas sie errichteten. Noch dreißig Jahre nach Ankunft der Konquistadoren im kaum mehr als 100 Kilometer entfernten Cusco lebten die Inkas in diesen Mauern unbehelligt, schafften alle Schätze in Sicherheit und verließen irgendwann Machu Picchu, über dessen konkrete Aufgaben sich die Gelehrten noch heute streiten. Erst 1911 wurde die inzwischen vom Dschungel überwucherte Stadt offiziell von einem Amerikaner wiederentdeckt, nachdem ihn ein Indianerjunge zu den heiligen Mauern führte. Die Existenz war im Tal also durchaus bekannt. Heute strömen jeden Tag bis zu 2.000 Besucher in diesen entlegenen Winkel der Erde, der bis heute nur durch einen sündhaft teuren Zug, eine umständliche Anreise mit einer mehrstündigen oder mehrtägigen Wanderung, z. B. über den alten Inka-Trail, dessen Zugang ebenfalls stark reglementiert und nicht ganz billig ist, erreicht werden. Gern hätte ich einen der Mehrtagestreks gewählt, aber das muss wohl noch etwa 10 Jahre warten, bis Felipe alt genug ist, so dass nur der Zug ab Ollantayambo (ca. 2 Stunden und 30 Soles ab Cusco im Collectivo, Unterkunft Inti Killa am Marktplatz 90 Soles inkl. Frühstück) in Frage kam. Von Cusco wäre die Anreise mit der Bahn noch teurer gewesen.

Die Größe der Anlage bietet den Besuchern durchaus genügend Platz und somit bewahrheiteten sich meine Befürchtungen einer Arm-an-Arm „Schiebebesichtigung“, wie z. B. im französischen Mont Saint-Michel erlebt, zum Glück nicht. Problemlos lassen sich Oasen finden, an denen die Erhabenheit dieses Ortes ungestört genossen werden kann.

Es ist einfach unfassbar, wie die alten Genies an steilen Hängen in diesen Höhen mit tonnenschweren Steinen hantierten und mit welcher Präzision sie diese verarbeiteten.

Wer sich diesen Zauber noch ein wenig ungetrübt erhalten will, der sollte die Reisebuchhaltung an diesem Tag abends lieber verschieben, denn er wird einen ähnlich unfassbar schweren Schlag gegen das Reisebudget hinnehmen müssen. Dagegen ist Disneyland im wahrsten Sinne des Wortes „Kindergeburtstag“, allerdings sind die Eindrücke auch kaum vergleichbar. Dennoch wird es einer der teuersten, wenn nicht der teuerste Einzeltag unserer Reise bleiben, obwohl wir alles selbst organisiert, Essen und Getränke mitgenommen und auf Souvenirs verzichtet haben.

Ansonsten bestätigte das Land erneut seine Ursprünglichkeit und Schönheit. Alte verträumte Lehmgehöfte, traditionell gekleidete Menschen (Indio-Frauen tragen Hut und lange, zu Zöpfen geflochtene Haare) und Felder, die teilweise noch manuell bestellt werden sehen manchmal aus, als wäre alles für eine historische Fotoreise arrangiert worden. Zwischendurch schauen die Jüngeren, wie es ihrem Facebook-Profil geht und Minivanfahren („Collectivo“) ist auch hier nichts für schwache Nerven.

Wir sind zurück in Cusco und noch unschlüssig, was wir mit den verbleibenden vier Tagen anstellen könnten. Amazonas-Dschungel, Strand oder Berge.. oder doch lieber ausruhen… mal schauen. Das Restprogramm ist eng gestaffelt, so dass wir ggf. etwas Kraft sparen sollten.

Am Montag geht es zurück nach Quito und am Donnerstag weiter nach Buenos Aires, Argentinien.

Panflötenmusik ist übrigens allgegenwärtig. Ich dachte ja immer, dass sei eine der Erfindungen volksmusiknaher deutscher Fernsehsendungen, die ich in meiner frühen Jugend wehrlos über mich ergehen lassen musste. Aber tatsächlich… hier also als „Atmo“ das gefühlt einzige Lied, dass man auf den Pfeifen spielt. „El Condor pasa“

Im Heiligen Tal auf den Spuren der Inkas

Das Heilige Tal Perus erstreckt sich über viele Kilometer der peruanischen Anden und wird von einigen schneebedeckten Sechstausendern so dramatisch in Szene gesetzt, dass es selbst ohne die bestaunenswerten Inka-Stätten einen Besuch wert wäre.

Entgegen unseren Gewohnheiten entschieden wir uns schon aufgrund der Distanzen für eine geführte Bustour für 66 Euro inkl. Mittagessen, was sich als eine der besten Investitionen unserer Reise herausstellen sollte. Nachdem wir am Vortag bei Cusco schon das zu Fuß zu erreichende Areal von Saksaywaman erklommen hatten, eroberten wir nun die Ruinen von Pisaq, Ollantaytambo und Chicheno. Unglaublich was die Jungs damals so in den Höhenlagen der Anden auf die Beine gestellt haben, bis erst ein Bruderstreit und letztlich die Spanier dem Kultur- und Bauboom ein jähes Ende bereiteten.

Bis dahin wurden unzählige Terrassen an den Berghängen angelegt, Versorgungsstationen entlang endloser Pfade bewirtschaftet, Tempel sowie militärische und astronomische Bauwerke mit einem unvorstellbaren Aufwand auf größtenteils schwer zugänglichen Terrain errichtet. Tonnenschwere Felsblöcke wurden dazu erst kilometerweit transportiert und anschließend in endloser Schinderei mit Wasser und Sand in Ihre endgültige Form geschliffen bis sie sich fugenlos ineinanderfügen ließen. Die vor den gewaltigen Mauern zu spürende Ehrfurcht kann in den Bildern kaum gebührend eingefangen werden.

Am Abend noch eine kurze Demonstration, wie man aus der weltbekannten Alpaca-Wolle zuerst einen weißen Faden gewinnt, wie dieser dann mittels natürlicher Farben eingefärbt und letztlich zu allen denkbaren Kleidungsstücken verarbeitet wird. Lila entsteht ubrigens aus einer violetten Maissorte, rot aus Insekten, die auf Kakteen leben.

Gegen 19 Uhr waren wir wieder zurück in Cusco und fühlten uns nach einem erlebnis- und lehrreichen Tag richtiggehend beschwingt, bis uns die Müdigkeit an diesem Abend recht früh einholte.

Auch von Peru werden wir nur einen viel zu kleinen Teil bereisen können und was wir sehen, erleben und erahnen, macht Lust auf mehr. Einzig die Restaurants können oft nicht überzeugen: Selten bekommen wir unser meist nur durchschnittliches Essen gemeinsam und in 70% der bisherigen Fälle verschwindet die Personalunion aus Bedienung und Koch nach unserer Bestellung erst mal im Minimarkt nebenan. Aber was soll’s. Die Menschen sind sehr freundlich, das Land vermittelt trotz vieler Touristen eine Menge Ursprünglichkeit und die Natur strotzt nur so vor Schönheit.

Cusco – Der Nabel der alten Welt

Das Wort Cusco (Qusqu) entstammt der Inkasprache Quechua und bedeutet „Nabel der Welt“. Die Stadt soll vom Volk der Tampus und damit von den ältesten Menschen überhaupt erbaut worden sein. Um das Jahr 1200 herum gründete demnach der erste Inka Manco Cápac, der Sohn der Sonne, mit seiner Schwester Mama Ocllo das spätere Machtzentrum einer der sagenumwobenen Hochkulturen, bis ein Bruderstreit und letztlich die Plünderung und Brandschatzung durch den Spanier Pizarro dieser Blüte ein Ende setzte. Nur die gewaltigen Grundmauern der ehemaligen Herrschersitze, auf denen die Spanier prachtvolle Kirchen bauten, waren weder durch Konquistadoren, noch durch Erdbeben zu zerstören. In seiner größten Ausdehnung war das Inkareich so gewaltig, dass es flächenmäßig übertragen von Spanien bis tief nach Russland gereicht hätte.

Erst Anfang dieses Jahrhunderts erlangte das zwischenzeitlich bedeutungslose Provinzkaff durch die Wieder-Entdeckung der heute berühmtesten und durch die schwere Zugänglichkeit nie von den Spaniern betretene Inkastätte Machu Picchu wieder an Bedeutung.

Das Zentrum Cuscos wurde zum Weltkulturerbe erklärt und steht Quitos Altstadt, der anderen Residenz der verfeindeten Inkabrüder, in Sachen kultureller Vielfalt und historischer Bausubstanz in nichts nach. Heute leben ganze Volkerstämme von den alten Legenden um Machu Picchu, so dass der geplante Besuch zur teuersten Einzelunternehmung unserer Reise geraten wird, trotzdem wir auch hier auf eine Tourbuchung mit „Keksverkostung“ und sonstigem Schnick-Schnack verzichtet haben.

Erst mal lassen wir es jedoch ruhig angehen, um die Gefahr der Höhenkrankheit, Cusco liegt auf 3.500 Metern über dem Meeresspiegel, zu minimieren. Diese Höhe ist schon bei kleinen Anstrengungen wie die Erklimmung einiger Treppen schnell zu merken, wenn Puls und Atmung anziehen um genügend Sauerstoff in die Lungen zu pumpen. Bisher geht es uns aber gut, wir tingeln betont langsam durch Stadt, Kirchen und Museen und werden voraussichtlich morgen nach Ollantaytambo, ins „heilige Tal“ (Valle Sagrado) weiterreisen.