Marrakesch – das erste Mal Orient

Ich gebe zu, dass ich ein wenig nervös war: Noch nie hatte es uns in einen islamischen Staat auf dem afrikanischen Kontinent verschlagen, aber genau das reichte, um es unbedingt sehen zu wollen.
Während den Berichten von wikitravel die gewohnt zuverlässige Grundversorgung nützlicher Informationen zu entnehmen waren, ließ das Auswärtige Amt kurzzeitige Zweifel aufkommen: Vielleicht ja doch lieber sächsische Schweiz? Aber dann machten uns neben dem zu erwartenden schlechten Wetter die zunehmende Anzahl „besorgter“ Bürger, die auch noch glauben sie seien „das Volk“, doch mehr Sorgen und so buchten wir bei easyjet den Flug in die Sonne.

Auf nach Marrakesch, ein Name, der schon für sich nach tausend und einer Nacht klingt. Und ja, hier riecht, schmeckt und sieht es aus, wie dass, was ich mir unter dem Begriff Orient vage vorgestellt habe. Wir wohnen im Riad Katia mitten in der Medina (Altstadt) nahe dem lebhaften Herzen Marrakeschs, dem Jamaa El-Fna, dem Platz der Gehenkten, auf dem tagsüber Schlangenbeschwörer, Händler, Gaukler, Trommler, Musikanten, Geschichtenerzähler und unzählige Imbiss-Stände um die Euros, Dollars und Dirhams der Einheimischen und zahlreichen Touristen wetteifern.

Es qualmt, schreit, duftet und stinkt auch manchmal und man ist eigentlich immer in der Defense: Non, merci… may be tomorrow – je bestimmter, desto besser auch wenn uns bisher noch niemand aggressiv entgegentrat. Nun ist es ja aber nicht unbedingt das Ziel, überall nur „durchzukommen“ und so finden wir langsam die Balance uns hier und da auf einen Deal, bei dem Feilschen natürlich Pflicht ist, einzulassen. Wir sind den erfahrenen Menschenkennern natürlich weit unterlegen, aber was soll’s: wir zahlen, was es uns wert ist und damit kann man nicht falsch liegen. Zwischen zwanzig und dreißig Prozent sind immer drin und diese Quote ist auch in anderen Reiseberichten als etwaiger Zielkorridor zu lesen.

Insgesamt kann man über die Preise wirklich nicht klagen: Gehen wir zu dritt essen, zahlen wir ca. 15 Euro, wir haben eine Ledertasche erstanden für 20 Euro und ein Crepe mit Banane kostet auf der Straße einen Euro. Neben einigen Glücksgriffen traf allerdings nicht jedes Essen bisher unseren Geschmack, aber das ist nicht schlimm.

Direkt in der Medina und abgehend vom zentralen Platz befinden sich die Souks, ein Gewirr aus kleinen Gassen mit unzähligen Händlern und Handwerkern, groß genug um irgendwann völlig die Orientierung zu verlieren. Schwerpunkte bilden dabei Kunsthandwerk (Schmuck, Leuchten, Bilder, Keramik usw.), Kleidung, Seifen, das berühmte Argan-Öl und Lederhandwerk. Je nach Gegend können hierbei alle Stufen der Produktionskette bewundert werden: es wird gegerbt, gefärbt, geschnitten, genäht, geklopft und gehämmert, verziert und gehandelt. Wir ließen uns treiben, auch wenn das Chaos aus Passanten, Fahrrädern, Eselskarren und Mopeds in Gassen wo oft nur mühsam vier Leute nebeneinander stehen könnten ein Mindestmaß an ständiger Achtsamkeit bedingt. So taumelt man von einem Fotomotiv ins nächste und sollte doch aus Respekt gegenüber hießigen Gepflogenheiten die Kamera oft in der Tasche lassen, denn trotz des starken Tourismus ist auch hier – wie in Großteilen der islamischen Welt – das Fotografiertwerden ein deutlich größerer Eingriff in die Privatsphäre, als dies in der westlichen Welt der Fall ist. Reichliche zwei Stunden genügten dann auch um sich anschließend fußlahm in eine kleine Oase der Ruhe bei einem frischen Minztee zurückzuziehen um dem Treiben als passiver Zuschauer entspannt zuschauen zu können.

Es ist ein Fest der Sinne, eine wahrlich tolles Ziel um in eine so andere Welt einzutauchen und dabei gerade einmal vier Flugstunden von der Heimat entfernt. Wir fühlen uns auch abends sehr sicher und wäre da nicht der engagierte Muezzin, der die Nacht gegen 6 Uhr jäh unterbricht und schlimmstenfalls beendet, wir hätten glatt nichts zu meckern. 😉

Von Neapel nach Kalabrien

Lächerlich kurze zwei Wochen heißen nun „großer Sommerurlaub“. Die Wahl fiel auf Italien, der Süden sollte es sein, denn dort winkte Neuland.

3 Tage Neapel

Die Stadt hat Ihren Reiz, zumindest wenn man mit so geringen Erwartungen anreist wie wir. Die Unterkunft „Come d’incanto a Napoli“ war ein absoluter Volltreffer. Mitten im Herzen der Altstadt, fußläufig zum Dom und anderen Sehenswürdigkeiten ein idealer Ausgangsort für Erkundungen. Eine katholische Messe und der Tunnel Borbonico waren genauso interessant, wie die vielen kleinen Köstlichkeiten und das berühmte Eis, dem wir uns in den unzähligen Bars der Stadt hingeben, in denen Diego Maradonna noch immer als Held verehrt wird und an die ruhmreichen Tage des SSC Neapel erinnert.

In 30 Minuten mit dem Zug von Napoli Centrale nach Pompeij, der an einem Sonntagmorgen im Jahr 74 n. Chr. untergegangen Stadt am Hang des Vesuvs. Zum Zeitpunkt ihrer Blüte lebten hier geschätzt ca. 20.000 Menschen, die sich immerhin 13 Freudenhäuser gönnten. Die Winde standen damals schlecht und auch unser Wetter ist eigentlich zu heiß um stundenlang durch Ruinen zu meandern. Da kommen die kostenlosen Wasserhähne auf dem Gelände gerade recht. Mit dem kühlen Trinkwasser füllen wir erst unsere Trinkflaschen und anschließend unsere Mützen um sie mit Schwung aufzusetzen und uns durch die damit verbundene Dusche abzukühlen. Was für ein Spaß.

Tipp: Anders als wir sollte um den zur Touristenfalle umgebauten Bahnhof ein großer Bogen gemacht und insbesondere der Audioguide vom offiziellen Stand direkt neben der Kasse im Eingangsbereich bezogen werden. Der am Bahnhof zu bekommenden folgt einem eigenen System und nicht den in den Ruinen angebrachten Nummern. Stattdessen gibt es eine Extra-Karte mit abweichender Nummerierung, was sicher auch bei normalen Temperaturen nervig ist, bei über 35 Grad allerdings noch unnötiger Nerven und Energie verbraucht.

2 Tage Sorrento und Amalfiküste

Am dritten Tag setzen wir mit der Fähre von Neapel nach Sorrent über und holen die gebuchten Europcar-Mietwagen ab, mit denen wir die Halbinsel erkunden wollen. Schon auf dem Weg zur Mietwagen-Station beobachten wir misstrauisch die italienische Variante der Interpretation von Verkehrsregeln, finden sie aber, als wir endlich teilnehmen können, gar nicht so schlimm. Man passt aufeinander auf, bleibt ruhig und teilt ab und an hupend mit, dass man auch noch da ist, ohne dabei die Fassung zu verlieren. Nachdem wir im B&B Julianna, dass mit einem atemberaubenden Blick auf den Vesuv zu beeindrucken weiß, die Sachen abgelegt haben, ruft schon die erste Unternehmung: Der Pfad der Götter („Sentiero degli dei“) ist wirklich nicht einfach zu finden und es kostete uns etliche Fehlversuche einschließlich eines leicht angesetzten Mietwagens, diesen zu finden. Aber es lohnte sich und die späte Stunde tröstete uns mit einem fantastischen Licht, der dem göttlichen Pfad ein noch überzeugenderes Ambiente verleiht.

Am kommenden Tag zurück nach Sorrent und nach Abgabe der Mietwagen fahren wir mit – entgegen allen Vorurteilen – außerordentlichen verlässlichen Zügen nach Paestum um die berühmten griechischen Tempel zu bestaunen, auch wenn Goethe ihre bauchige Säulenform wohl nicht besonders gefallen haben soll.

2 Tage Paestum

Das „Campeggio Villaggio Paestum“ konnte nicht ganz die hohen Erwartungen erfüllen und gängelte uns mit seltsamen Regeln und unvollständigen „not included“-Auskünften, hatte aber immerhin einen Pool, dem wir seit Tagen unter dem Eindruck beständiger Hitze entgegenfieberten. Nachdem Badekappen besorgt sind, bleiben wir stundenlang im Wasser.

Am kommenden Vormittag bewundern wie kurz die Tempel und sind schon gegen Mittag wieder im Hippomodus – bleiben im Pool und achten darauf, dass nur die Augen rausschauen. Neben dem Pool ist die Kinderdisco der Hit bei den Kindern und wir zeitweise abgemeldet.

7 Tage Capo Vaticano

Auch für diese Anreise überzeugten die öffentlichen Verkehrsmittel Italiens mit ausnahmsloser Pünktlichkeit, obwohl wir immerhin drei Mal umsteigen. Nach vier Stunden kommen wir in Ricadi an und werden freundlich im „Hotel Villagio Tonicello“ begrüßt. Dieses erweist sich als echter Volltreffer – wir bekommen hübsche klimatisierte Zimmer mit Kühlschrank, die nicht nur direkt nebeneinander liegen, sondern auch eine Terrasse teilen, springen in den Pool und dämmern auf im Preis enthaltene Liegen vor uns hin, wenn wir nicht gerade im kristallklaren Wasser mit Schnorcheln oder Toben beschäftigt sind. Das Frühstück ist gar nicht italienisch, sondern überzeugt mit Vielfalt und frisch gepresstem Orangensaft. Die Anlage erinnert nicht etwa an eine Bettenburg, sondern fügt sich geschmackvoll in die Küste des tyrrhenischen Meeres, an dessen Horizont jeden Abend postkartenkitschig die Sonne verschwindet. Es ist bis spät in die Nacht heiß und wir eigentlich immer nass, bleiben stundenlang im Wasser und duschen bestimmt fünf Mal täglich.

Der Weg zum 15 Minuten entfernten Supermarkt ist zwar unter diesen Umständen fordernd, schont aber auch das Budget und wir müssen nicht alles an der hoteleigenen Bar beziehen. Im nochmals 15 Minuten entfernten San Nicholo finden wir eine kleine Pizzeria, deren Panini lecker und günstig sind und deren freundlicher Pizzabäcker augenscheinlich sehr stolz ist, dass wir uns mehrfach auf den langen Fußweg begeben um bei ihm dies und das zu probieren.

In den kommenden Tagen durchwandern wir die engen Gassen und Souvenirshops von Tropea, bestaunen eine von wenigen per Hand in den Fels geschlagene Grottenkirche und probieren das berühmte Tartufo in Pizzo. Und manchmal belassen wir es auch beim „il dulce far niente“ („Das süße Nichtstun“) und beschränken Aktivitäten auf lebenserhaltende Maßnahmen. Einzig die Hoffnung vom Strand / Hotel aus einen feuer- und lavaspuckenden Stromboli bewundern zu können, erfüllte sich nicht. Zwar war er bei gutem Wetter als unaufgeregten Hügel im Meer am Horizont zu erkennen, aber um eine der ca. aller fünfzehn Minuten stattfindenden Eruptionen zu sehen, ist eine der zahlreichen Touren zu den äolischen Inseln zu buchen oder gleich eine geführte Besteigung zu organisieren.

Die Tage verfliegen und schon ist alles vorbei. Wir schlagen das 100-Euro-Taxiangebot ab und nehmen stattdessen den günstigen Zug nach Lamezia Terme Centrale und anschließend noch den 5-Minuten-Shuttlebus zum Flughafen (insges. 22 Euro), von wo aus uns Lufthansa wieder in Richtung Alltag fliegt.

Fazit

Volltreffer. Uneingeschränkte möchten wir diese Reise exakt wie beschrieben empfehlen, denn sie besticht durch Vielseitigkeit und 1.000 kleinen Überraschungen. Hat man die Wahl, wäre vielleicht ein ein nicht ganz so heißer und prominenter Zeitpunkt anzuraten.

Sanfte Landung im Alltag

Der Empfang am Bahnhof war herzlich und schon am Abend kamen alle zum lang ersehnten Grillfest zusammen. Wir lachten viel, genossen die Gesellschaft und es fühlte sich gar nicht so an, als sei fast ein ganzes Jahr vergangen. Was für ein Fest, was für eine Freude! Nachdem wir in den folgenden Tagen die notwendigen Wege zu Krankenkasse und Arbeitsagentur erledigt hatten und das Auto wieder zugelassen und fahrbereit war, ließen wir uns noch ein wenig treiben und kümmerten uns um Dinge, für die wir bald keine Zeit mehr haben würden.

Die Wochen zogen ins Land und der Alltag ergriff langsam wieder Besitz von unserer Zeit. Seit 24.07. sind wir wieder in unseren eigenen vier Wänden, am 01.08. startete ich an alter Wirkungsstätte ins Berufsleben und dieses Wochenende feierten wir zu Felipes Schuleintritt ein rauschendes Fest im Kinder- und Jugendzentrum „Die Insel“. Freudig wurden die vielen Geschenke ausgepackt, mit Stolz der Schulranzen gepackt und der neue Abschnitt, der unseren Alltag die kommenden Jahre prägen wird, kann beginnen.

Ob wir wieder „richtig da“ sind, lässt sich nur schwer sagen und vermutlich würden die Antworten sehr unterschiedlich ausfallen. Ich hoffe, wir kommen nun dazu, die lange versprochenen „statistischen Daten“ unserer Reise noch etwas aufzuarbeiten.

 

 

 

In 328 Tagen um die Welt – eine Traumreise ist Geschichte

Eine Traumreise geht zu Ende und wir sind dankbar und glücklich, dass uns diese vergönnt war. Sie dauerte 328 Tage, führte uns auf 4 Kontinente, in 20 Länder mit 17 Währungen, ließ uns in ca. 116 unterschiedlichen Unterkünften schlafen und noch öfter den Rucksack packen. Genau 24 Mal stiegen wir in ein Flugzeug und sind tausende Kilometer mit den unterschiedlichsten Verkehrsmitteln gefahren. Im Gepäck haben wir nun ungezählte bereichernde Begegnungen, Erinnerungen, Erfahrungen, Glücksmomente und einige wenige Schrecksekunden.

Wir freuen uns auf zu Hause, auf Familie und Freunde, auf Patenkinder, auf viel reden (Anke) und auf wenig reden (René), auf die Gesellschaft von spielwütigen Kindern und die Schule (Felipe), auf frisches Schwarzbrot und Bäckerbrötchen, auf Obsttorte, Klöße, Rotkraut, Knödel und Gulasch, auf Knacker, Quark, Glühwein und Weihnachtsmarkt, auf Radfahren, auf das Auswärtsspiel der Wismut in Leipzig usw.

Und bald werden wir von neuen Zielen träumen: von Kanada, Kolumbien, Kuba, Mexiko mit seinen Maya-Stätten, den San Blas Inseln in Panamà, von Chile, Bolivien, China, Neuseeland, Indien, Alaska, dem Yellowstone Nationalpark, Botswana, vom Kilimandscharo, der Serengeti und Sansibar in Tansania, den Viktoria-Fällen in Simbabwe, einer Fahrt mit der transsibirischen Eisenbahn usw., um die zu nennen, die uns „spontan“ einfallen.

Haben wir „die Welt“ gesehen?

Nein, sicher nicht. Ungefähr 195 Staaten gibt es, zwanzig (wir zählen Puerto Rico mal einzeln) haben wir in den letzten elf Monaten bereist oder zumindest durchkreuzt. Aus früheren Reisen – vornehmlich in Europa – kommen noch ca. fünfzehn dazu, ergibt 35 Staaten. Das sind knappe schlappe 18 Prozent bzw. 165 graue, zum Teil riesige Flächen auf unserer „Freirubbel-Weltkarte“. Würden wir jedes Jahr drei Länder schaffen, könnten wir uns im Alter von 93 Jahren zur Ruhe setzen. Sicher muss man nicht alles gesehen haben, aber die Hälfte wäre schon toll: macht bei realistischeren zwei Zielen pro Jahr ein Reiserentenalter von 79 Jahren. Oooookay. Warum gibt es eigentlich keinen „Reiserentenbescheid“, der einem so etwas Erschreckendes mal vorrechnet?

Erfolgsaussichten also düster, aber wir bleiben dran. 🙂

In den kommenden Tagen werden wir noch über Finanzen, Tipps und Tricks und vom Ankommen berichten.

Das letzte Bier ist ein Heineken

Ich sitze auf unserer kleinen Terrasse, das letzte gekühlte Bier steht vor mir und es ist nicht sonderlich gut. Noch immer zeigt das Thermometer knappe 30 Grad und so schwitzen wir zusammen, während wir wortlos diesen letzten Abend teilen.

 

Morgen fliegen wir nach Hause. Puerto Rico war ein gutes letztes Ziel, mit einem tollen Strand und kristallklarem Wasser, auch wenn es hier eindeutig zu viele Autos gibt und es uns manchmal zu warm war. Wie wir hörten, brauchen wir uns darüber zu Hause derzeit nicht den Kopf zu zerbrechen.

Leider haben wir es nicht zu den hiesigen Hauptattraktionen, den biolumineszierenden Buchten geschafft bzw. sollen diese laut letzten Informationen in einem so kritischen Zustand sein, dass sich Anreise und der deftige Tourpreis nicht gelohnt hätten. So haben wir es ruhig angehen lassen und dem Leben sowie einigen WM-Vorrundenspielen zugeschaut. Einiges haben wir nicht verstanden: Warum gibt es hier so viel Light-Bier? Warum gibt es Abends dort keine Snacks mehr, wo man mitttags bei über 30 Grad noch warme Gerichte bekommt? Warum sind überall Massen von Autos unterwegs und die Parkplätze oft voll, obwohl vergleichsweise wenig Leute zu sehen sind?

Wir wissen es nicht und es wird ihr Geheimnis bleiben. Anyways, Time over. Noch 127 km müssen wir es morgen zurück zum Flughafen in San Juan schaffen. „Deutschland wir kommen und kaufen Deine Bäcker und Fleischer leer!“ Und es soll mich der Blitz treffen, wenn ich noch mal behaupte, „unser Bier sei über die Jahre schlechter geworden“. Ich hatte ja keine Ahnung, was hier ein Mann so schlucken und dafür noch 2,55 US$ auf den Tisch legen muss.

Es mischen sich Zufriedenheit, Wehmut und Vorfreude, während der Ventilator auf Hochtouren läuft und von draußen noch einmal ein herrlicher Hauch von Ylang-Ylang (übersetzt „Die Blume der Blumen“, unten im Bild die gelbe, fleischige Blüte) ins Zimmer weht. Angeblich ist es der wichtigste Inhaltsstoff von Chanel No 5. Dabei sieht die „Blume der Blumen“ eher aus wie ein Baum. Wer hätte das gedacht?

Wir melden uns nach unserer Ankunft wieder. Außerdem wird es noch einige Artikel zu Rückblick, Tipps, Finanzen usw. geben.

PS: Hat es irgendjemand mit uns bis zu diesem 102. Beitrag geschafft? Es wäre ein guter Zeitpunkt, einen Kommentar zu hinterlassen! 😉

Puerto Rico – America meets the Carribean

Wir landeten in Puerto Ricos Hauptstadt San Juan im Hotel San Jorge (60$ im DZ). Der historische Stadtkern ist so gut wie vollständig durchsaniert und die von den Spaniern errichtete Festung war einen Ausflug wert. Bis heute ist Spanisch die erste Sprache im Land geblieben.

Das Örtchen Playa Naguabo liegt im Südwesten der Hauptinsel und die gebuchte Unterkunft erwies sich als absoluter Glücksgriff: Großes Zimmer mit Klimaanlage und Pool (80$ inkl. Frühstück), die wundervollen Gastgeber Dawn und Josue, sowie die kleine Lyla und komplettiert von Klaus, einem Arzt der dänischen Luftwaffe. Drei tolle Tage, in denen wir mit Klaus den Urwald erkundeten, die großen Männer zusammen tauchen gingen und abends alle gemeinsam ein saftiges Rindersteak auf den Grill legten.

Wir wären gern länger geblieben, aber unsere Bleibe in Isabela war bereits gebucht. Hier werden wir nun an der allerletzten Station unsere elfmonatige Reise unter karibischer Sonne ausklingen lassen. Ohne „anliegende“ Organisation fühlt sich das fast wie Urlaub an. Noch 6 Tage…

Endspurt beginnt

Um 3:41 Uhr startete unser Flieger in Manaus, Landung um 6:30 Uhr in Panama und übermüdet weiter nach einem laaangen Tag am Flughafen um 19:08 Uhr nach San Juan, Puerto Rico.

Felipe in Panamà am Flughafen

Die zwölf Stunden Aufenthalt in Panamà zogen sich wie Kaugummi, aber immerhin konnten wir das 4:0 unserer Elf verfolgen. Wir sind nun in Puerto Rico und wollen morgen erst mal richtig ausschlafen:

Lost in translation – Gastfreundschaft auf Brasilianisch

Felix, der Junge von nebenan, winkt uns freundlich vom Dach zu, als wir von unserem die geringen Erwartungen unterbietenden Ausflug ins Zentrum zurückkehren: Kein Zweifel, schon nach 3 Tagen gehören wir ein bisschen zum Inventar der Nachbarschaft. Die Menschen vom sonst verschlafenen Stadtteil Redençao scheinen stolz, dass sogar hier auf „Ihrem Berg“, fast 45 Busminuten außerhalb des Zentrums, internationale Gäste mit Kindern zu Besuch gekommen sind.

Nachbarskinder kommen vorbei und spielen mit Felipe im kleinen Hof, im Shop nebenan bekommt er einen Luftballon geschenkt und jeder ist trotz sprachlicher Kommunikationsbarriere sehr um uns bemüht. Der Kioskbesitzer zeigt bei der Ermittlung der Gesamtsumme auf jeden Artikel, tippt dann den Preis in den Taschenrechner, wartet auf meine Zustimmung und fährt dann fort. Nicht den kleinsten Zweifel an der Korrektheit des Gesamtpreises möchte er zulassen. Bis spät in die Nacht erledige ich furchtlos kleine Einkäufe bei ihm, fünf Gehminuten durch geschmückte Straßen von unserem Quartier entfernt und fühle mich, obwohl weit und breit keine Polizei zu sehen ist, so sicher wie an bisher wenigen Orten unserer Reise.

Unsere Homestay-Vermieter Mara und Maosi sind tolle Gastgeber und wir fühlen uns jederzeit willkommen, obwohl wir ihre freundlich klingenden Worte oft nur mit einem Schulterzucken und einem hilflos gelächelten „No entiendo“ (ich verstehe nicht) quittieren können.

Aber ich mache es mir zur Gewohnheit, beiden ein kühles Bier von „meinem“ Kiosk mitzubringen, das wir mit einem „Cin-Cin“ (Prost!) bei Fußball und neuen „No-Entiendo“-gespickten Dialogen leeren. Es ergibt sich, dass wir am letzten Abend gemeinsam jeweils unterschiedliche Dinge kochen und anschließend alles teilen. Wir lachen, als Mara uns lehrt, dass Messer auf portugiesisch wie „Fuck“ klingt („faca“), erfahren, dass Paranüsse „Kastania“ genannt werden und am Baum in seltsamen hölzernen Schalen, die jeweils ca. 20 Einzel-Nüsse enthalten, wachsen. Das Essen wird gelobt, wobei wir es ernst meinen und Mara unseren Spirelli und der Mischung aus Ketchup, Dosenmais und Tomaten wohl eher aus Hoflichkeit das Prädikat „Mutsche Bong“ (sehr gut) verleiht.

Es wird ein herzlicher Abend und eine noch herzlichere Verabschiedung. Als wir ins Taxi steigen, sehen beide ein wenig traurig aus und wir müssen versprechen, eines Tages wiederzukommen.

PS: Skurril schien eine Fernsehsendung namens „Programa Silvio Santos„, die am Sonntagabend im TV lief. Der komplette Sinn und Verlauf der Sendung blieben rätselhaft und stellte alles in den Schatten, was wir bisher auf deutschen Sendern als sinnfrei abkanzelten, daher beschränkt sich die Schilderung auf die pure Aufzählung: Silvio Santos trägt Anzug und Goldring und hat ein Gesicht, dass an Wachs erinnert, so wie Barbies Ken mit 75 Jahren aussehen mag. Er befragt hin und wieder 3 Starkandidaten, führt Interviews mit meist weiblichen Studiobesuchern und wirft von Zeit zu Zeit großkotzig und gönnerhaft Geld ins Publikum, um das dieses sich dann regelrecht balgt. Ab und an kommt noch ein Clip mit „versteckter“ Kamera. Diese Mischung definiert Nonsense und Peinlichkeit von Fernsehsendungen vollkommen neu. Hier die Website zur Sendung, Suchergebnisse bei youtube liefern Beispiele…

http://www.sbt.com.br/programasilviosantos/

Wir sind im WM-Fieber

Nachdem die Iguaçu-Fälle am letzten Tag zwar öffneten, für ein Drittel des eigentlich zum Park gehörenden Gebiets aber den vollen Eintritt aufriefen, verzichteten wir. Hilft nichts, müssen wir später noch mal wiederkommen.

Die Abreise klappt auch nicht gerade wie geschmiert: Wer sich 5:30 Uhr mit der ganzen Familie aus dem Bett quält, findet 90 Minuten Verspätung wegen „am Flugzeug durchzuführenden Routinetests“ weder witzig, noch besonders Vertrauen erweckend, zumal damit der Anschlussflug in Sao Paulo nicht mehr zu schaffen ist und aus einer Umsteigezeit von 70 Minuten epische 10 Stunden werden. Wir nutzen die Zeit und holen unsere Tickets für unser WM-Highlight England vs. Italien ab, drücken uns dann stundenlang zwischen den Terminals herum und gönnen uns sündhaft teuren Kaffee und Fast Food, beides in eher trauriger Qualität.

In unseren letzten beiden Stunden sollte eigentlich das Eröffnungsspiel der Fußball-WM unsere Zeit verkürzen und ich bin mir sicher, dass es auf vielen der am Flughafen reichlich zu findenden, riesigen Bildschirme zu sehen sein wird, wir sind schließlich sogar in der richtigen Stadt. Der Anstoß naht und wir haben Mühe die kleine FIFA-Ecke mit der Übertragung zu finden. Dort hat man ca. 6 Bildschirme in Augenhöhe an eine Wand gehängt, was dazu führt, dass bereits in fünfter Reihe nichts mehr zu sehen ist. Der Andrang ist viel zu groß. Vorbei am riesigen Videowūrfel der in Terminal 1 von der Decke hängt und in Endlosschleife einen weichgezeichneten Samsung-Werbespot zeigt, verlassen wir entnervt das Gebäude um etwas frische Luft zu schnappen. In der Ferne ist Feuerwerk zu vernehmen.

Ich lege alle Hoffnung in den Abflugbereich, wir passieren die Sicherheitskontrolle und finden in einem Zeitungskiosk immerhin einen hoch hängenden, 80 cm Fernseher um den sich geschätzt 250 Leute versammelt haben. Ich versuche mir den Gedanken zu verkneifen, dass das in Deutschland sicher besser geklappt hätte.

Wir landen mit 30 Minuten Verspätung gegen 0:10 Uhr in Manaus und werden abgeholt. Toll, das heute doch noch etwas klappt!
Nach langer Recherche vor einem halben Jahr war das Zimmer, dass Marilia im Haus Ihrer Eltern für 55 Euro pro Nacht inkl. Frühstück vermietet, die einzige bezahlbare Unterkunft der Stadt. Wir landen also in einer für Brasilien vermutlich durchschnittlichen Wohngegend in einem ganz normalen Haushalt. Marilias Eltern nehmen uns freundlich auf, auch wenn die Kommunikation mangels Portugiesisch-Kenntnissen schwierig ist. Obwohl angeblich mit dem Spanischen eng verbandelt, enden Kommunikationsversuche häufig in einem verständnislosen Kopfschütteln. Die Sprache klingt ein wenig wie abgehacktes Spanisch, in das willkürlich Zischlaute, sowie „ais“ und „ao“ eingefügt wurden und das man mit riesigen Zahnlücken und einem Tischtennisball im Mund spricht. Insgesamt landet es phonetisch in unserer Sprachen-Beliebtheitsskala eher auf den hinteren Plätzen.

Wir sind relativ faul und beschränken uns vorerst auf die nähere Umgebung. Die Straßen der einfachen Nachbarschaft sind aufwendig geschmückt, die kleinen Läden voller WM-Souvenirs und alle tragen stolz die Nationalfarben ihrer Seleçao. Zumindest hier ist von Demonstrationen, Boykott oder gar Gewalt nichts zu sehen, ja nicht einmal Polizeipräsenz scheint angesichts der wahrgenommenen friedlichen Stimmung um uns herum notwendig zu sein.

Der große Tag ist gekommen und wir machen uns auf den Weg zur „Arena da Amazonia“. Die Stimmung ist ausgelassen, wir tragen stolz lila-weiß und Felipe trötet fröhlich, ausdauernd und nervtötend vor sich hin. Der Stop am hochoffiziellen FIFA-Fanshop-Stand ist hingegen weniger begeisternd: weder wissen die armen Mädels hinter dem Tresen, was die Dinge kosten, noch funktionieren die Kassen oder ist Wechselgeld in ausreichender Menge vorhanden. Wir gehen zu unseren Plätzen, entscheiden uns dazu, England die Daumen zu drücken und schlagen uns damit auf die Seite der späteren Verlierer. Macht nichts, die La-Ola-Welle schwappt durch’s Rund, alles ist friedlich, die Stimmung begeistert, wir wundern uns aber etwas über die nicht wenigen frei gebliebenen Plätze. Für den Weg zurück nehmen wir den öffentlichen Bus und auch hier werden wir mit Hilfsbereitschaft überschüttet: schon bald scheinen die Hälfte der Passagier damit beschäftigt, unsere behütete Heimkehr sicherzustellen. Es werden Routen diskutiert und Bekannte angerufen um gemeinsam zum Schluss zu kommen, dass alles korrekt sei und wir faktisch direkt vor unserer Haustür landen. Wir verabschieden uns, schütteln Hände und wünschen viel Glück für den weiteren Turnierverlauf.

Es hat Spaß gemacht, hier zu sein, die Brasilianer sind freundlich, nur ausgeprägtes Organisationstalent scheint nicht zu ihren großen Qualitäten zu zählen. Das ist aber nicht wirklich schlimm.

Heute Abend steigen wir ins Flugzeug nach Puerto Rico, wo wir unsere lange Reise strandlastig ausklingen lassen. Fast möchte man es Urlaub nennen. Noch genau 14 Tage bis zur Landung in Deutschland. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen.