Ich gebe zu, dass ich ein wenig nervös war: Noch nie hatte es uns in einen islamischen Staat auf dem afrikanischen Kontinent verschlagen, aber genau das reichte, um es unbedingt sehen zu wollen.
Während den Berichten von wikitravel die gewohnt zuverlässige Grundversorgung nützlicher Informationen zu entnehmen waren, ließ das Auswärtige Amt kurzzeitige Zweifel aufkommen: Vielleicht ja doch lieber sächsische Schweiz? Aber dann machten uns neben dem zu erwartenden schlechten Wetter die zunehmende Anzahl „besorgter“ Bürger, die auch noch glauben sie seien „das Volk“, doch mehr Sorgen und so buchten wir bei easyjet den Flug in die Sonne.
Auf nach Marrakesch, ein Name, der schon für sich nach tausend und einer Nacht klingt. Und ja, hier riecht, schmeckt und sieht es aus, wie dass, was ich mir unter dem Begriff Orient vage vorgestellt habe. Wir wohnen im Riad Katia mitten in der Medina (Altstadt) nahe dem lebhaften Herzen Marrakeschs, dem Jamaa El-Fna, dem Platz der Gehenkten, auf dem tagsüber Schlangenbeschwörer, Händler, Gaukler, Trommler, Musikanten, Geschichtenerzähler und unzählige Imbiss-Stände um die Euros, Dollars und Dirhams der Einheimischen und zahlreichen Touristen wetteifern.
Es qualmt, schreit, duftet und stinkt auch manchmal und man ist eigentlich immer in der Defense: Non, merci… may be tomorrow – je bestimmter, desto besser auch wenn uns bisher noch niemand aggressiv entgegentrat. Nun ist es ja aber nicht unbedingt das Ziel, überall nur „durchzukommen“ und so finden wir langsam die Balance uns hier und da auf einen Deal, bei dem Feilschen natürlich Pflicht ist, einzulassen. Wir sind den erfahrenen Menschenkennern natürlich weit unterlegen, aber was soll’s: wir zahlen, was es uns wert ist und damit kann man nicht falsch liegen. Zwischen zwanzig und dreißig Prozent sind immer drin und diese Quote ist auch in anderen Reiseberichten als etwaiger Zielkorridor zu lesen.
Insgesamt kann man über die Preise wirklich nicht klagen: Gehen wir zu dritt essen, zahlen wir ca. 15 Euro, wir haben eine Ledertasche erstanden für 20 Euro und ein Crepe mit Banane kostet auf der Straße einen Euro. Neben einigen Glücksgriffen traf allerdings nicht jedes Essen bisher unseren Geschmack, aber das ist nicht schlimm.
Direkt in der Medina und abgehend vom zentralen Platz befinden sich die Souks, ein Gewirr aus kleinen Gassen mit unzähligen Händlern und Handwerkern, groß genug um irgendwann völlig die Orientierung zu verlieren. Schwerpunkte bilden dabei Kunsthandwerk (Schmuck, Leuchten, Bilder, Keramik usw.), Kleidung, Seifen, das berühmte Argan-Öl und Lederhandwerk. Je nach Gegend können hierbei alle Stufen der Produktionskette bewundert werden: es wird gegerbt, gefärbt, geschnitten, genäht, geklopft und gehämmert, verziert und gehandelt. Wir ließen uns treiben, auch wenn das Chaos aus Passanten, Fahrrädern, Eselskarren und Mopeds in Gassen wo oft nur mühsam vier Leute nebeneinander stehen könnten ein Mindestmaß an ständiger Achtsamkeit bedingt. So taumelt man von einem Fotomotiv ins nächste und sollte doch aus Respekt gegenüber hießigen Gepflogenheiten die Kamera oft in der Tasche lassen, denn trotz des starken Tourismus ist auch hier – wie in Großteilen der islamischen Welt – das Fotografiertwerden ein deutlich größerer Eingriff in die Privatsphäre, als dies in der westlichen Welt der Fall ist. Reichliche zwei Stunden genügten dann auch um sich anschließend fußlahm in eine kleine Oase der Ruhe bei einem frischen Minztee zurückzuziehen um dem Treiben als passiver Zuschauer entspannt zuschauen zu können.
Es ist ein Fest der Sinne, eine wahrlich tolles Ziel um in eine so andere Welt einzutauchen und dabei gerade einmal vier Flugstunden von der Heimat entfernt. Wir fühlen uns auch abends sehr sicher und wäre da nicht der engagierte Muezzin, der die Nacht gegen 6 Uhr jäh unterbricht und schlimmstenfalls beendet, wir hätten glatt nichts zu meckern. 😉