South African Vibes ;)

Um mal einen kleinen akustischen Einblick in unseren Alltag zu geben, hier die zwei abgefahrensten Songs, die uns hier bei unseren Autotouren oft um die Ohren geschmissen werden. Vorsicht… Geschmackssache…

  • Mnatebawen – Khuli Chana ft KayGizm and Fifi Cooper (youtube)
  • DJ Ganyani ft FB – Xigubu (youtube)

Wer denkt, dass alle Afrikaner Rhythmus in die Wiege gelegt bekommen, dem wird in der aktuellen Staffel South African Idols („Südafrika sucht den Superstar“) das Gegenteil bewiesen. Auch hier meine zwei Favoriten:

Port Elizabeth

Wir sind gut in Port Elizabeth angekommen. Die Stadt gibt bis jetzt nicht viel her und scheint eher industriell geprägt. Wir werden trotzdem 4 Nächte hier bleiben und dann auf die Garden Route starten.

Nach langer Überlegung und Recherche habe ich für uns folgende Stopps geplant:

  • 2 Tage Jeffrey’s Bay
  • 2 Tage Storms Rivier
  • 2 Tage Sedgefield
  • 1 Tag Mossel Bay via Cango Caves in Oudtshoorn
  • 3 Tage Hermanus / Cap Agulhas
  • Ankunft in Kapstadt am 07.09.2013

.. und dann geht’s am 12.09. weiter via Dubai Richtung Thailand.

PS: Wer, wie ich, immer dachte, das Kap der guten Hoffnung sei Afrikas südlichster Punkt, der irrt sich. Südlichster Punkt ist Kap Agulhas.

Zwischenbilanz – 2.400 km nach dem Erstkontakt mit Afrika

Nach zwei Wochen und bevor es einem nicht mehr auffällt, eine kurze Zwischenbilanz und einige Besonderheiten:

  • Verkehr: An die Raserei und das Fahren auf der linken Seite haben wir uns sehr gut gewöhnt. Wir heizen mit und fühlen uns sicher. Überlandstrecken, also fast Autobahnen, sind oft zweispurig und haben einen Seitenstreifen. Langsamfahrende Fahrzeuge nutzen diesen Seitenstreifen, um schneller fahrenden Fahrzeugen ggf. auch bei Gegenverkehr das Überholen zu ermöglichen. Man bedankt sich anständig mit einem kurzen Betätigen der Warnblinker.
  • Auch auf Autobahnen und Überlandstrecken muss zum Teil mit Fußgängern, Händlern, Radfahrern, spielenden Kindern, sowie Rindern und Ziegen gerechnet werden. Es scheint, als stelle die Straße einen überaus spannenden Ort zum Aufenthalt dar.
  • An Tankstellen steigt man, sofern man nur tanken möchte, nicht aus. Es steht einer an der Zapfsäule, dem man sagt, wie viel man tanken möchte. Dies wird erledigt, das Geld durchs Fenster gereicht, dann in die Tankstelle gebracht und anschließend die Quittung übergeben. Oft werden einem die Scheiben geputzt und man gibt einige Rand Trinkgeld.
  • Südafrika ist das Land der zum Teil wirklich hervorragend erhaltenen, zum Teil aber auch in erschreckendem Zustand befindlichen 1er Golfs und von Toyota Geländewagen. Wahnsinn.
  • Alles wird mit dem Auto gefahren, insbesondere wenn es dunkel ist, egal ob 100 m oder 100 km.
  • Sicherheit: Geldautomaten (ATMs) sollten bevorzugt in Shops (Inside ATMs) benutzt werden. Nachts bzw. in der Dunkelheit sollten offen zugängliche Automaten grundsätzlich gemieden werden.
  • An den im Vergleich zu Europa geringeren Sicherheitsfaktor gewöhnt man sich erstaunlich schnell. Man weiß es und achtet auf sein Verhalten, es beeinträchtigt aber nicht mehr tas tägliche (Er-)leben.
  • Alles orientiert sich sich generell viel mehr an den Sonnenstunden, als wir es gewohnt sind. Sobald es gegen 17:30 Uhr dunkel wird, stirbt das öffentliche Leben in den Straßen aus. Auch Supermärkte schließen oft schon 17, spätestens aber 19 Uhr. Auch wir planen alle Aktivitäten und Fahrten zu Unterkünften so, dass wir noch im Hellen ankommen. Leipziger oder italienische laue Sommernächte, an denen die ganze Stadt auf den Beinen ist und von Bar zu Bar zieht, gibt es offenbar nicht.
  • Natürlich halten wir alle Wertgegenstände im Auto außerhalb des Sichtbereichs.
  • Auf Parkplätzen stehen meist Einweiser (bzw. teilweise Kinder, die diese in der Hoffnung auf einige Rand miemen), die einem in eine oder aus einer Parklücke winken.
  • Gesellschaft: Bisher haben wir noch keine Geschirrspülmaschine und keine Autowaschanlage gesehen. Letzteres wird für ca. 40 bis 60 Rand (ca. 3,50 EUR) an Tankstellen und anderen Stellen von Autowäschern angeboten.
  • Uns bzw, mir fehlt ein wenig ein „ehrlicher“ Kontakt zur schwarzen, ärmeren Bevölkerung, an der wir im Auto täglich vorbeirauschen. Es würde uns sehr interessieren, wie diese in ihren Häusern, Hütten leben und wie einer der heruntergekommen Supermärkte von innen aussieht. Leider scheint es uns nicht möglich, einfach irgendwo zu halten und dies herauszufinden, da wir sowohl bei Angestellten, als auch bei unseren Fahrten im Auto ein gewisses, schwer einzuschätzendes Distanzverhalten spüren. Vielleicht ergibt sich ja noch eine Gelegenheit.
  • Farbige Kinder wachsen oft bei Ihren Großeltern auf, da ihre Eltern irgendwo in fernen, teils aber auch nahen Camps, Firmen oder Haushalten arbeiten und Geld verdienen. Wir unvorstellbar uns dies erscheint!
  • Aids spielt eine wirklich große Rolle. Es gibt ganz viele Stellen, an denen kostenlos Kondome ausgelegt werden.
  • Schüler tragen Schuluniformen in verschiedenen Farben und sind offenbar seeehr lange zu Fuß zur Schule unterwegs. Es ist erstaunlich, dass es nicht mehr Fahrräder gibt. Dies würde sicher vielen eine große Hilfe sein.
  • Budget: Südafrika ist KEIN billiges Reiseland. Wir liegen über unserem eingeplanten Tagesbudget von 100 EUR bei derzeit 110 EUR, haben aber auch schon viele Aktivitäten unternommen. So kosten Lebensmittel und Kleidung ungefähr das Gleiche, wie in Deutschland. Billiger sind hingegen einige Früchte, teurer scheinen diverse Elektronikartikel zu sein. Insgesamt können Preise sehr variieren und als Ausländer zahlt man meist mehr, selbst bei staatlichen Einrichtungen, wie den Parks.
  • Kommunikation: Die frühzeitige Anschaffung einer südafrikanischen SIM-Karte ist meines Erachtens für Backpacker wirklich empfehlenswert. Es gibt einen Sicherheit im Falle eines Falles die Polizei rufen zu können und hilft bei Buchungen und Arrangements, z. B. Abholungen durch Taxiservices des Hostels etc.
  • Fazit: Südafrika ist wirklich eine Reise wert. Trotz einiger Einschränkungen lernt man hier ein ganz anderes Lebensgefühl und eine ganz anders funktionierende Gesellschaft kennen. Man mag und kann als Europäer nicht alles richtig und vieles befremdlich finden, aber wer reist, um offen den eigenen Horizont zu erweitern, kann sich hier an neuen Eindrücken geradezu berauschen.

Ballito

Heute sind wir an die Küste gefahren. Da ich mit der Buchung etwas spät dran war, wohnen wir nun (noch) etwas preisintensiver – für 57 EUR pro Nacht in Villa Jaimé.

Das strapaziert das Budget beträchtlich, da der Mietwagen für 35 EUR ebenfalls als Fixkosten dazukommt und wir für Samstag satte 400 EUR in einen Inlandsflug von Durban nach Port Elizabeth (PE) investieren mussten. Nun ja, das werden wir in Thailand schon wieder „reinsparen“.

Dafür konnte ich in PE ein Special ergattern: 3 Nächte zahlen, 4 schlafen für 92 EUR in der Lungile Lodge, einem Backpacker, bevor wir uns dann auf der Garden Route auf den Weg in Richtung Kapstadt begeben. Hoffentlich ist es da auch hübsch.

Bis auf den Transfer nach Ballito haben wir den heutige Tag auch der Planung und dem Ausruhen geopfert um uns morgen etwas entspannter auf den Trip in die uShaka Marine World konzentrieren zu können.

KwaMbonambi – zu Gast bei Golden Girls

Die letzten Nächte verbrachten wir in der Marrob Lodge in Kwambonambi. Eigentlich wollten wir nur eine Nacht bleiben, aber es gefiel uns so gut, dass wir immer wieder verlängerten. Besonders Anita, eine „Haushüterin“, gewann mit Ihrer Art und ihrem Pyjama-Söckchen-Look im Nu unsere Herzen. Hinzugerufen wurde „Sheila“, da unsere Anreise trotz Buchung unerwartet kam. Aber alles gut, das Zimmer war frei.

Anita meldete uns als Gäste im „Club“ an. Beim „Club“ handelt es sich um einen Glofclub, zu dem nur Mitglieder Zutritt haben.Alle die etwas auf sich halten, wohnen offenbar auch direkt am Golfplatz, wie Mike Brown, der uns nach zwei Minuten eines seiner drei Autos zur Nutzung überlassen wollte.

Im Club schwingt Nora in der Küche das Zepter, eine alte südafrikanische Lady von geschätzten 70 Lenzen, deren süße „Fritters“, eine Art kleiner Pfannkuchen mit Marmelade drauf, von Felipe glatte 10 von 10 Punkten erhielten.

Am nächsten Tag fuhren wir nach Hluluwe iMfolozi, einen weiteren Game Park (ähnlich Krüger), waren aber nicht sonderlich erfolgreich in Sachen Tiersichtungen. Es tröstet uns, dass Marylynn, unsere Vermieterin, in 22 Jahren die sie den Park besucht, auch erst 3 Mal Löwen sah.

Ein weiteres Highlight war die Architektur des Hauses. Der offene Baustil mit einem Loch in der Mitte des Daches war wirklich etwas ganz Besonderes, so dass wir einige Fotos schossen. Wie schon in Hendriksdal gibt es keine Geschirrspülmaschine, stattdessen halten 4 oder mehr Bedienstete das Haus in Ordnung. Ziemlich snobby, „isn’t it“?

Zu Besuch waren gerade auch Tony und seine Frau aus Australien. Er machte sich ein wenig über südafrikanische Auswanderer lustig, die, angekommen in Down Under, sich darüber beklagen würden, dass Ihnen niemand mehr die Betten richtet und sie ihre Wäsche allein waschen müssten.

Krüger Nationalpark

Um besser organisieren zu können, quartierten wir uns in der letzten Nacht in Graskop, in Sheris Lodge ein, da es dort kostenloses Internet gab.

Sheris Lodge wird betrieben von einem netten, langsam in die Jahre kommenden Rocker, der neben Unterkunft auch Canyon-Touren via Harley-Davidson-Bikes anbietet. Was es hier nicht alles gibt, „Mate“.

Den folgenden Tag starteten wir in den Krüger Nationalpark durch das Paul-Krüger-Tor. Gebucht waren 1 Nacht im Skukuza-Camp und zwei Nächte im Lower-Sabie-Camp.

In ersterem hatten wir ein tolles Abendessen im Saletis-Restaurant, dass auf einem alten Bahnsteig, samt historischer Lokomotive und Anhängern koloniales TV-Afrika mit einem exzellenten Chicken-Curry verschmolz.

Auf den stundenlangen Auto-Touren der kommenden Tage sahen wir alle Tiere, die wir man eben so kennt, mit Ausnahme eines Leoparden, so dass wir (bisher) nur vier der „Big Five“ (Elefant, Löwe, Büffel, Leopard und Nashorn) zu Gesicht bekamen. Absolutes Highlight war eine Elefantenherde, die direkt vor unserem Auto die Straße querte. Wer noch nie vor einem riesigen, freien Elefantenbullen stand, weiß nicht wie atem(be)raubend sich dies anfühlt.

Auch hier blieb abends kein Grill kalt. Ganz Südafrika duftet in den Abendstunden ein bisschen „verkokelt“, oft und punktuell auch am Tag, da an allen Märkten in irgendeiner Ecke garantiert Feuer zu finden ist. Überhaupt riecht Südafrika irgendwie besonders: Wie eine Mischung aus dem Leipziger Zoo, einem Lagerfeuer, feuchter Erde und einer Note Räucherstäbchen. Ich mag diesen Duft mittlerweile sehr, dokumentiert er doch, dass wir unterwegs sind, selbst wenn die Umgebung einem mal bekannt vorkommt. 🙂

Für alle, die irgendwann mal hierherfahren wollen:

  • Im August gibt’s noch keine Moskitos. Ich habe bisher noch nicht einen einzigen gesehen, daher ist das Malaria-Risiko gleich (nahe) Null und Prohylaxe aufgrund der ggf. eintretenden Nebenwirkungen.
  • Ein einfaches, billiges Mietauto reicht vollkommen aus. Die Straßen sind entweder geteert und bestens, oder etwas staubig und sandig, aber recht eben. Nachteil ist, dass man etwas tief sitzt und dadurch etwas schlechter sieht – aber im Vergleich zum Aufpreis für ein spritfressendes teures 4×4-Gefährt erträglich. Ich würde eher einen offiziellen Drive vor Ort buchen.
  • In den einfachen Unterkünften („Hütten“) gibt es kein Geschirr. Man muss alles selbst mitbringen.
  • Hingegen gibt es in den größeren Camps (eigentlich sind es eher Zeltplätze mit vielen Bungalows) immer einen Lebensmittelshop zu wenig höheren Preisen, als diese üblich sind. Unmengen von Lebensmitteln müssen also nicht mitgeschleppt werden.
  • Tankstellen sind rar, angesichts der riesigen Fläche des Parks. Unbedingt volltanken, wenn man Gelegenheit dazu hat. (Skukuza und Lower Sabie haben jeweils eine)
  • Unterkünfte sollten mehrere Monate im Voraus gebucht werden. Die meisten sprachen von 6 bis 12 Monaten. Da hatte ich mit meinen Buchungen Anfang Juli offenbar großes Glück.
  • Kinder werden leider, OHNE Ausnahme, zu den Game Drives erst ab 6 Jahren und zu den geführten Spaziergängen erst ab 12 Jahren mitgenommen. Schade.
  • Die angebotene Broschüre für 35 Rand ist ihr Geld in jeder Hinsicht wert.
  • In den Camps gibt es Tafeln, wo täglich die Sichtungen der Big 5 abzulesen sind. Uns hat es jedoch nicht immer Glück gebracht, diesen Punkten Aufmerksamkeit geschenkt zu haben. Es ist reine Glückssache. An einem Tag sieht man alle, am nächsten „nur“ Impalas und ne Giraffe. 😉
  • Fall man im Skukuza Rest Camp eine Übernachtung bucht, unbedingt das Restaurant Selati besuchen, dass etwas am Rand des Camps ist. Neben der einzigartigen Location im Ambiente eines kolonialen Bahnhofes inklusive historischem Zug und Dampflok haben wir dort so gut geschlemmt, wie nirgends.

Braai bei Hans und Moritz

Schon am ersten Abend machten wir Bekanntschaft mit unseren Nachbarn, Christ und Amanda, sowie Ihrer bazaubernden zweijährigen Enkelin Amanee, deren Name aus denen der Großmütter, Amanda und Renee gebildet wurde.

Chris ist „Bauingenieur“ und redet gern und viel über Politik. Er sei dabei kein Rassist, mag aber halt „die Schwarzen“ nicht sonderlich. Viel Geld habe er verloren, seit diese die Macht haben. Insbesondere das Gesetz BEE (Black Economic Empowerment) macht ihm Sorgen. Es soll offenbar Schwarze in Spitzenpositionen der Wirtschaft führen. De facto bekommt man im eigenen Unternehmen einen neuen Chef vor die Nase gesetzt, meist ein Verwandter, Bekannter oder guter Freund eines hochrangigen Partei- oder Regierungsmitglieds. In der Regel laufe das dann so, dass die Firma innerhalb eines halben Jahres pleite sei und der neue Chef mindestens einen 7er-BMW mit allen Schikanen fährt, da Nachhaltigkeit und unternehmerisches Denken und Handeln in der Priorität abgeschlagen hinter kurzfristigen Profitmöglichkeiten liege. Für seine Kinder sehe er jedenfalls in Südafrika trotz vielfältiger Möglichkeiten aufgrund der politischen Lage und vorherzusehenden näheren Entwicklung keine Zukunft. Eher würde das Land ähnlich Simbabwe, der früheren Kornkammer Afrikas, durch einen korrupten Despoten wie Mugabe, der übrigens aussehe wie „fuckin‘ Hitler“, vor die Hunde gehen. Er habe vor vielen Jahren an der nun brach vor uns liegenden Bahnstrecke mitgewirkt, blickte nun auf diesen Scherbenhaufen ungenutzter Infrastruktur und wetterte gegen Zuma und Mbeki, die anders als Mandela, das Land direkt ins Chaos führen würden, nicht ohne trotzig anzufügen, dass er keinesfalls irgendwo anders hingehen würde.

Er erzählte weiter, dass er mehrere Häuser besäße, leider aber einige in unbeobachteten Momenten von Schwarzen okkupiert seien und es „100.000 Bugs“ kosten würde, sie dort via Gerichtsbeschluss wieder rauszubekommen. „So fuck it“, vielleicht kommen ja bald bessere Zeiten. Sein eigenes Haus lasse er jedenfalls keine Woche unbewacht. Fährt er in den Urlaub, müssen Verwandte oder Freunde die Stellung halten, sonst sei auch das verloren.

Dabei habe er Schwarze immer fair behandelt und seine Firma anständig bezahlt. Sogar Hygiene-Seminare wurden veranstaltet um einigen Arbeitern die Notwendigkeit des Zähneputzens zu erläutern. Sein Job funktioniert so, dass er inklusive eines oder mehrerer ihm unterstellter Bautrupps von je ca. 100 Leuten gebucht werde. Im Monat legt er ca. 16.000 km mit dem Auto zurück, bei 350.000 km verkaufe er sie dann meistens.

Nach einem verregneten Tag und einem wenig spektakulären Ausflug nach Pilgrims Rest hatten wir eigentlich vor, mit Chris und Amanda zu grillen, was in Südafrika „Braai“ heißt und wirklich JEDEN Tag, zumindest wenn man unterwegs ist, zelebriert wird.

Die waren jedoch schon mit den Hostelbetreibern Moritz und Doreen (sie waren verwandt) verabredet und da wir die einzigen anderen Gäste waren, wurden auch wir zu Ihrem Haus über die Straße eingeladen. Wie spannend, schon nach wenigen Tagen hinter die Kulissen einer südafrikanischen Familie schauen zu dürfen. Moritz hatte sich zwischenzeitlich auch mit Felipe geeinigt, einen Porsche und einen Lamborghini seiner Matchboxsammlung, gegen einen Ferrari zu tauschen. Felipe war happy, hat er doch einem Autotausch schon den ganzen Tag entgegengefiebert.

Moritz und Doreen sind eine spannende Patchworkfamilie: Doreen ist die Seele des Hauses und hat Ihren Sohn Hans (ca. 15) aus erster Ehe mitgebracht. Sie wünschten sich ein gemeinsames Baby, aber es kam keines und so bewarben sie sich für eine Adoption. Alles ging schneller als gedacht vor zwei Wochen kamen dann gleich zwei Mädchen und zwei Jungs (12, 6 und 2 Jahre bzw. der Jüngste 1 Monat alt) zu ihnen, denen man nur wünschen kann, nie wieder einen Fuß in ihr altes zu Hause setzen zu müssen, angesichts der schlimmen Dinge, die ihnen laut offiziellem Bericht durch die eigenen Eltern widerfahren sind. Beide saßen oder sitzen im Gefängnis.

Beruflich ist Doreen selbstständig und betreut 65 Tankstellen im weiteren Umkreis, während Moritz ebenfalls Bauingenieur ist, zum Glück aber „nur“ ca. 5.000 km im Monat fahren muss. Sie haben vor, das Café / Ihr Hostel in eine auf Heiraten spezialisierte Location umzuwandeln und davon zu leben. Auch Sie sehen keine rosige Zukunft für ihre Kinder in Südafrika, wollen aber das Beste daraus machen.

Das Haus der beiden unterscheidet sich nicht wirklich von dem, was man sich auch bei uns vorstellen mag: Wohnzimmer mit großem Flatscreen, Aquarium, Couch und Tisch, insgesamt ein wenig chaotisch und mit weniger Perfektionismus geglättet, als es der gemeine Anspruch an „deutsches Handwerk“ in heimischen Breiten akzeptieren würde. Das Zuhause einer Familie, die sich vor ca. zwei Wochen hinsichtlich ihrer Mitglieder verdoppelt hat.

Wahrscheinlich wäre es für die meisten potentiellen deutschen Gastgeber undenkbar gewesen, Fremden einen unaufgeräumten, authentischen Blick in ihr Leben zu gewähren. Wir waren sehr dankbar dafür und genossen diese unbefangene Gastfreundschaft.

Blyde River Canyon

Heute ließen wir uns via Hostel-Shuttle zum Flughafen bringen, um dort unseren Mietwagen entgegenzunehmen. Es wurde ein VW Polo – Felipe hätte ein Audi besser gefallen – und wir starteten auf der linken Fahrbahnseite, in einem rechtslenkenden Auto, unsicher und sich verschaltend, als ständiges Verkehrshindernis ins ca. 360 km entfernte Hendriksdal in der Provinz Mpumalanga, das wir als Ausgangspunkt für die Blyde-River-Canyon-Region wählten.

Der schon im Reiseführer erwähnte Punkt der „weithin ignorierten Geschwindigkeitsbegrenzungen“ wurde deutlich unterstrichen. Am Abend sollte uns dann noch erläutert werden, dass z. B. Geschwindigkeitsbegrenzungen in Baustellen von Autofahrern gemeinhin nur dann akzeptiert werden, wenn dort auch arbeitende Leute zu sehen sind. Klingt so ganz logisch, für einen obrigkeitsbeflissenen und „stringenten“ Regeln gewohnten Alemannen jedoch echt abgefahren.

Gebucht hatten wir das Artist’s Cafe & Hostel, einen stillgelegten und umfunktionierten, recht einsamen, kleinen Bahnhof, der noch immer den kolonial angehauchten Charme längst vergangener Zeiten versprühte. Dabei gab es einen Trakt für das „Restaurant“ und ein kleines Gebäude mit den insgesamt vier Zimmern.

Wir wurden ins „Ticket-Office“ einquartiert. Die Kälte der Nacht halfen uns elektrische Bettwärmer zu überstehen.

Im Restaurant fanden sich neben zwei Tischen, einem alten Spiegel, diversen Trödel und einem „heimelichen“ Kamin auch ein kleiner Tisch unter dessen Glasplatte eine Sammlung Spielzeugautos Felipes ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich zog. Wir ließen hingegen die ganz besondere Atmosphäre des in Kerzenschein getauchten Raumes, des Antiken aus früheren Tagen und der großen, einladenden Couch auf uns wirken. Das man nur einen Bruchteil der Speisekarte bestellen konnte, da viele Zutaten anderer Gerichte nicht vorrätig waren, störte dabei wenig. Das Essen war gut und wir plauschten mit Chris (USA) und Amanda (Brasil), einem Pärchen aus Pretoria, über das Land, Gott und die Welt.

Johannesburg

Afrika erwartete uns erwartungsgemäß sonnig und kühl. Ca. 16 Grad am Tag bei wechselndem Wetter, kühle Abende und bitterkalte Nächte korrigierten auch real, was sich aus TV-Dokumentationen der staubtrockenen und flirrenden Savanne auch nach dem Studium von Temperatur- und Niederschlagsdiagrammen noch tapfer in unseren gedanklichen Bildern als „gefühlt afrikanisch“ hielt.

Der kostenlose Air-Port-Pick-Up des gebuchten Hostels klappte reibungslos und wir so konnten wir ganz passiv die ersten Bilder auf uns wirken lassen. Und sie wirkten.

Vorbei an festungsgleichenden Häusern und Villen, ging es durch die größte Stadt Südafrikas. Das Sicherheitsbedürfnis der Habenden manifestiert sich in hohen Zäunen und Schildern, auf denen eine bewaffnete Beantwortung jeglicher Verletzungen von Grenzen angedroht wird. („Armed Response“). Die „Nichts- oder Wenighabenden“, „natürlich“ vorwiegend schwarz, bilden hingegen den nicht motorisierten, lebendigen Teil des Stadtbildes, zumindest außerhalb von Shopping Malls und Touristenattraktionen. Beide Seiten beäugen sich argwöhnisch und haben, wie wir im weiteren Verlauf unserer Reise immer wieder feststellen sollten, wenig Berührungspunkte.

Auch in unserem Hostel „Brown Sugar“ wurden wir durch hohe Zäune um den Komplex und einer gefängnisähnlichen Stahlgittertür vor unserer eigentlichen Zimmertür vor „allem da draußen“ geschützt.

Als aufgeklärten, weltoffenen Europäer bereitet einem dies Unbehagen und man kommt nicht umhin zuzugeben, das einem tatsächlich Angst (gemacht) wird. Um diese loszuwerden oder auf ein Maß zu reduzieren, das einem die kommenden Wochen genießbar werden lassen, entschloss ich mich dazu – nach Rückversicherung bei der Rezeption hinsichtlich der Sicherheitslage – zum Supermarkt zu laufen – ja nein, tagsüber sei dies kein Problem, ca. 1,5 km die Straße runter.

Nach 10 Minuten war ich zurück: Nein, ich bin nicht nicht durchschnittlich 18 km/h gejoggt; Ja, ich bin umgekehrt, obwohl nicht viele Leute auf der Straße waren, da dieses klamme Gefühl Oberhand gewann. Es fühlt sich an, als sei man ein Fremdkörper und vielleicht ist man das auch. Man fragt sich, ob es nicht auch daran liegen könnte, dass die „Anderen“ hier in der Mehrheit sind und versucht diesen Gedanken aufgrund der Ansprüche an das eigene Weltbild zu verwerfen, ist aber trotzdem ein bisschen enttäuscht von sich selbst.

Bis zum Abendessen waren dafür die Prepaid-SIM-Karte besorgt und die Anschlussnächte in der Gegend um Blyde River Canyon besorgt.

Am nächsten morgen näherten wir uns Land und Leuten sozusagen auf „neutralem Boden“ in einer Shopping Mall, zu der wir uns vom hosteleigenen Shuttleservice bringen ließen.

Gutaussehende, konsumfreudige Südafrikaner „aller Schattierungen“ schlenderten durch den Einkaufskomplex, der denen europäischer Metropolen in nichts nachstand. In den Läden dudelte aktuelle Musik je nach anvisierter Zielgruppe. Die Preise liegen gefühlt nahe, vielleicht etwas über dem deutschen Schnitt, bei Elektronik jedoch deutlich darüber (Kindle Paperwhite ca. 200 EUR).

Das EINZIGE, nachdem ich suchte – ein paar Flip-Flops – gab es natürlich … nicht und alles Interessante, wonach wir nicht suchten, konnten und wollten wir nicht kaufen, da wir es ein knappes Jahr nach Hause hätten tragen müssen.

Trotzdem: Ein schöner Tag mit Eis zum Abschluss, erfolgreicher Erstkontakt im zweiten Anlauf. Check.

Für den dritten Tag buchten wir kurzentschlossen noch am Morgen einen Ausflug in den Rhino- und Löwenpark (satte 121 EUR). Eine Stunde hin durch Jo’burg, wieder diese andere, vorbeirauschende, arme Welt.

Im Park selbst war es „ganz nett“, vermittelte aber eher das Feeling eines etwas groß geratenen, befahrbaren Zoos. Wir sahen Tiere, auch Löwen, die von uns im Wesentlichen keine Notiz nahmen. Das mehrstündig von unserem Fahrer angepriesene Highlight „You can play with Baby-Lion“ (Spielen mit einem kleinen Löwen) und ein kurzer Spaziergang durch einen noch zooähnlicheren Teil des Parks, inklusive eines sibirischen Tigers (!? warum bloß ?!) beendete unseren Aufenthalt.

Ich bin mir immer noch im Unklaren darüber, wie ich diesen Ausflug abschließend bewerten soll. Welche Botschaft soll vermittelt werden? Respekt und Bewusstsein für die Schönheit und die Vielfalt der Natur? Ist es ok, dass ein Raubtier zum Streicheln angeboten wird? Bekommt man das dann in der Kinderwelt wieder richtig eingeordnet?

Das Land und viele Menschen hier stehen vor größeren Herausforderungen, als die, vor die mich die Lösung dieser Fragen stellen. Für Felipe und uns war es unser erstes großes Abenteuer. Vielleicht ist es ganz gut, dass es vorerst ohne abschließenden moralischen oder ethischen Befund bleibt. Dieser kann schließlich nur auf dem bisherigen Weltbild erfolgen, und dieses soll in den kommenden Monaten wachsen.

In Jo’burg angekommen

Der erste Teil ist geschafft. Wir sind in Johannesburg angekommen, der Transfer in Addis Abeba erschien zwar etwas abenteuerlich und erfolgte mit handgeschriebener Bordkarte (Systemausfall), aber letztlich sind wir und unser Gepäck vollständig gelandet. Der Abholservice unseres Hostels funktionierte ebenfalls problemlos – kurzum: Wir sind da.

Falls übrigens irgendwann mal Fragen zur Bedienung unterschiedlicher Flug-Entertainment-Systeme aufkommen sollten, kann Felipe jederzeit fachmännische Auskunft geben.

Wir wissen noch nicht was wir morgen genau machen, aber das war ja der Plan. 😉